Im Vorfeld einer Online-Diskussion „Wie tickt der Osten“ mit Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung,zur aktuellen Situation in Ostdeutschland 30 Jahre nach der Einheit am 08.06.2021, kritisiert die IG Metall die jüngsten Äußerungen von Wanderwitz.
„Großen Teilen der ostdeutschen Bevölkerung aufgrund ihrer ‚Diktatursozialisierung‘ eine gewisse Demokratieuntauglichkeit zu attestieren ist weder richtig noch hilfreich um die extreme Rechte zu bekämpfen“, so Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.
Vielmehr fühlten sich viele Menschen im Osten der Republik nach wie vor abgehängt und nicht ausreichend repräsentiert. So verweist die IG Metall darauf, dass die Tarifbindung im Osten nach wie vor niedriger als in Westdeutschland sei, in der Folge seien Löhne niedriger und Arbeitszeiten höher.
Auch die Gründung von Betriebsräten werde teilweise mit gezieltem Union-Busting verhindert.
Außerdem werden die in der Transformation so wichtigen, strategischen Entscheidungen zur Ausrichtung der Unternehmen und ganzer Regionen oft in Konzernzentralen in Westdeutschland entschieden. Hier gäbe es Ängste und Befürchtungen, in Bezug auf die Erfahrungen aus der Nach-Wende-Zeit.
„All das sind Faktoren, die wichtige Indikatoren für Wahlverhalten der Menschen in Ostdeutschland sind und die dringend im Sinne der Herstellung vergleichbarer Arbeits- und Lebensbedingungen verändert werden müssen. Gerade die junge Generation fordert das völlig zu Recht ein. Darauf sollte der Ostbeauftrage hinweisen“, so Lemb.
Die IG Metall verweist in diesem Kontext auch auf die Leipziger Autoritarismus-Studie (herausgegeben von der Otto-Brenner-Stiftung). Die dortigen Wissenschaftler hatten im letzten Jahr einen deutlichen Zusammenhang zwischen Erfahrung von Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb und dem Vertrauen in die Demokratie nachgewiesen.
„Das ist auch unsere Erfahrung in den Betrieben. Dort, wo die Beschäftigten über ihre betrieblichen und gewerkschaftlichen Vertretungen ihre Interessen wirksam einbringen können, dort haben Populismus und Hetze geringere Chancen – in Ost und West“, so Lemb.